Google+ Hardboiled SCB: Biografie - Kapitel 7

Donnerstag, 15. Mai 2014

Biografie - Kapitel 7

Meine persönlichen Sünden - Lost in Emmenvally 1985

Schmuckes Hochaus in Langnau
Es geschah im Jahre 1985. Mein Götterklub SC Bern musste in der NLB auswärts in Langnau antreten. In Burgdorf war schon Wochen vorher die Hölle los. Der Grund ist klar: Wer aus einer künstlichen Befruchtung entstand, der war in Burgdorf SCL-Fan, die normal gezeugten Prachtsmenschen hingegen waren Anhänger vom stolzen SC Bern. Die Gruppierungen hielten sich in etwa die Waage, also ging das Geleier wirklich massiv ab wenn ein Derby anstand. Ich war nervös wie die Sau, zu oft hatte der SCB in Langnau verloren. Mein grösstes Problem war eigentlich meine Freundin Moge, denn sie sympathisierte zu dieser Zeit mehr mit dem SC Langnau. Das war natürlich Brennstoff für die Beziehung. Gute Freunde von uns kamen dann auch zu uns und schlugen vor, dass wir doch das Spiel getrennt schauen sollten, da ich doch manchmal ein bisschen ausfallend wurde wenn mein Götterklub verloren hatte. Ich fand diese Idee noch gut.

In Langnau angekommen, trennten sich also unsere Wege. Ich stand in den Berner Sektor, normal, Moge stand 20 Meter seitlich bei Neutralos und doch ein paar Tigern. Vorausschicken muss ich noch, dass ich die Kappe aber sowas von voll hatte. Unsäglich. Klar, man kippt Biere, in Langnau war ich auch immer viel zu früh, es folgten Lutz um Lutz, viele der nun folgenden Ereignisse konnte ich nur aufgrund von Zeugenaussagen und Polizeiprotokollen rekonstruieren. Ich erzähle es aber aus der Ich-Form. Also, vor dem Stadion stehend, lalle ich die Moge voll wie die Sau. Sie war etwas traurig, dass wir nicht zusammen das Spiel schauen konnte. Aber ich sprach weise mit ihr, "Weisst Du Moge, ist doch besser so, wenn Bern in Rückstand ist und verliert, Du kennst ja meinen Fanatismus, dann sage ich wieder Sache die mir Monate später dann leid tun". Alles klar, wir liefen ins Stadion ein, ich orchestrierte noch ein paar Bier runter, da das Spiel noch nicht begonnen hatte.

Das erste Drittel lief, ich war in der totalen Euphorie angekommen. Der SCB demontierte die Tiger fast schon brutal. Nach einem der besten Drittel in der NLB führte der SCB nach 20 Minuten auswärts im Tal der furzenden Kühe mit 5(!!) zu 1. Ich war abgehoben, der SCB hatte das erste Mal nach einem Drittel mehr Tore als ich Promille. Ich wollte meine Freude unbedingt teilen. Ich sah Moge stehen, 20 Meter entfernt. Ich dachte mir, dass unser Abkommen ja nur gilt, wenn Bern am Verlieren ist. Voller Stolz stach ich zu Moge runter. Klar, Euphorie und Vollsuff kommen meistens nicht so gut an. Ich stehe also vor sie hin, breitbeinig und stolz, schreie 30 Sekunden lang "Jaaaaaaaaaaaa", beleidige danach sämtliche Bauern, Milchkühe, Esel und Tiger aufs Übelste. Hätte ich nur besser geschaut, Moge's Blick hätte mir auffallen müssen. Sehr sehr agressiv. Die Neutralos daneben hatten sich abgewandt, die Langnauer tobten ab dem Stadt-Affen. Egal, wenn man klatsch ist gibt man mal locker zurück wie "du Bauer hast mehr Warzen im Gesicht als Deine Milchkuh am Euter" oder "Du, Frau, hust mal damit ich sehe wo vorne ist". Es war einfach witzig, hauptsächlich für mich. Als ich dann noch meine Schal anbeten wollte, entlud sich der Blitz bei Moge. KAWUMM, eine massive Gerade klatsche in mein nettes Gesicht. Was für ein Hammer, es bimmelt noch heute. Ich war sprachlos. Und die Bauern drum rum gaben Applaus. Sorry, Gewalt an Sportanlässen, das darf nicht sein. Uha uha uha. Klar doch. Ich vergass wegen den Promille die Blossstellung aber sofort, ich stach wieder in meine Ecke und tobte weiter. Der SCB gewann dieses Spiel dann mit 10:2, was für eine Party. Meine Promille hatten sich noch etwas weiter aufgebaut, so das ich nach dem Spiel die Moge natürlich nicht mehr fand und mich alleine auf den Heimweg nach Burgdorf machen musste.

Das Drama nahm seinen Lauf. Irgendwie schaffte ich es an den traurigen Bahnhof mit seinem doofen Geleisen. Klar vermisste ich jetzt Moge, die mich souverän abgestützt hätte. Egal, da kam der Zug, ich stieg ein und rauchte mal eine. Nur Langnauer im Abteil, war ich mir ja gewöhnt von Burgdorf her. Egal, betrunken ist man gerne offensiv, ich redete meinen Sitznachbar an mit "Muuuuhh". Er fand es weniger witzig als ich. Also war Zeit für meine Ansprache. "Ihr Bauern, heute haben wir Euch gezeigt, dass es eben besser ist wenn man Frauen heiratet und nicht Tiere". Ich genoss die Verachtung. Dann kam ein Sondereinsatzkommando der Polizei. Halt nein, der Kondukteur war es nur. Ich zeigte artig mein Billet. "Was machen sie denn in dem Zug wenn sie nach Burgdorf wollen?". Grosser Gott. Die Mutter aller Blamagen hatte sich gerade bei mir angemeldet. Peinlicher geht nicht. Als ich beim nächsten Bahnhof fluchtartig ausgestiegen bin, bewarfen mich die unsportlichen und keinen Spass verstehenden Tiger mit Äpfeln und Hot Dogs. Ein Apfel traf mich voll an der Rübe, uha, warum nicht mal Nasenbluten haben, macht nichts.

Ich stand irgendwo (die Ortschaft ist mir bis heute nicht in den Sinn gekommen) im Emmental, es war nach Mitternacht und ich fühlte mich ziemlich am Arsch. OK, eine Telefonkabine. Wen rufe ich an? Meine Eltern? Nein, die schlafen schon und würden mich ausschimpfen. Moge's Eltern? Klar doch, warum nicht? Ihre Mutter nahm das Gerät dann auch ab, ich musste es aber 5 x durchklingeln lassen. Penntüte. Ich lallte mein Problem in den Höhrer, und ob sie mich denn nicht schnell holen könne mit dem Auto. Uha uha uha,. Kult. Sie fragte dann immerhin "wo bist Du?", ich wusste auf diese Frage keine Antwort. Geil. Gut, sie hätte ja einfach mit geöffneter Scheibe durch das ganze Emmental fahren und nach mir rufen können, irgendwo hätte ich ja dann Antwort gegeben. Uha uha uha. Skandal, das funktionierte nicht. Also Autostopp. Der Typ der anhielt war auch nicht mehr ganz trocken, egal, irgendwann lud er mich aus und die Gegend kam mir bekannt vor: Burgdorf! Ich war Zuhause!! Gut, noch 1,3 km Fussmarsch, aber das pack ich schon. So gegen 03.30 hatte ich es geschafft. Ich stand in meiner Wohnung. Ich sah mich im Spiegel an, das sah toll aus. Das Nasenbluten war eingetrocknet, kein Problem mehr, mir fehlte ein Jackenärmel, wieso weiss ich bis heute nicht. Beim langen Marsch nach Hause spürte ich einen Schmerz am linken Fuss, nun sah ich, dass ich einen Nagel eingetreten hatte, das blutete ebenfalls. Ich hatte eine Fahne, die ohne Probleme einen Atomkrieg hätte auslösen können. Was für ein toller und geschichtsträchtiger Abend.

Moge lag im Bett und hatte mir inzwischen verziehen, das merkte ich daran, dass sie sich tot stellte. Schade, ein bisschen kuscheln hätte mir gut getan. Aber wenn sei soooo Mühe hat mit einem Gewinner im Bett zu liegen, dann war es doch die richtige Entscheidung, dass wir das Spiel nicht zusammen geschaut haben. Es war das letzte Derby für lange Zeit, zum Glück, denn wir stiegen ja in dieser Saison dann am gelbgrauen Tisch auf. Wohl auch ein Grund, dass unsere Beziehung dann noch 6 Jahre hielt. Uha.

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